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Football macht Spaß – Fußball nervt nur noch

Seit rund 25 Jahren verfolge ich die NFL – mal mehr, mal weniger. Je nachdem wie die Fernsehverträge gerade sind. Mindestens 10 Jahre länger verfolge ich auch die Fußball Bundesliga. Die vergangenen Wochen saß ich vor dem Fernseher, sah Spiele meiner favorisierten Mannschaft – Werder Bremen – und es kam ein Gefühl hoch, das ich langsam nicht mehr ignorieren kann: Fußball nervt nur noch. Schauspielerei auf dem Platz, Schiedsrichter im verbalen Dauerbeschuss, ekelhafte „Fans“. Warum ich das hier in einem Football-Blog schreibe? Football macht Spaß – mir jedenfalls aktuell viel mehr als Fußball.

Football macht Spaß - Symbolbild

Es ist vielleicht nicht ganz fair die NFL und die Fußball Bundesliga bzw. den europäischen Club-Fußball miteinander zu vergleichen. Aber ich muss meinen Frust einfach mal loswerden und vielleicht treffe ich damit auch euren NFL-Nerv. Da saß ich also nun und sah zu, wie Werder Bremen mit 1:6 gegen Bayern München verlor. Vom Ergebnis war ich als Bremen-Fan natürlich nicht begeistert. Aber ich kann das wegstecken, wenn der Fernseher aus ist oder ich das Stadion verlasse. Eine Szene brachte für mich aber das Fass zum Überlaufen. Nach dem einzigen Tor der Bremer war hinter den jubelnden Werderanern ein „Bayern-Fan“ zu sehen, dem der pure Hass ins Gesicht geschrieben stand. Er war vielleicht 10 Meter von den Spielern entfernt, brüllte sie an, gestikulierte mit der Faust und versuchte auf den Torschützen zu Spucken. Emotionen schön und gut. Aber so???

https://twitter.com/breitnigge/status/1205903639476346885?s=20

Szenen wie diese kommen immer wieder in Fußballstadien vor. Viele „Fans“ gehen im Glauben dahin, dass sie sich alles erlauben können. Da wird mit Bechern geworfen, Feuerzeugen, Tennisbällen oder was sonst noch da ist. Da werden Spieler auf die übelste Art beschimpft und beleidigt. Für ihre Spielweise oder leider auch manchmal rassistisch. Wieso? Nur weil ich Eintritt bezahle? Das ist kein Grund jemanden den Tod zu wünschen. Genau das musste ich schon mehrfach in Bundesligastadien hören. Jetzt kommt der Schwenk zum Football: Bei meinen Besuchen in diversen NFL-Stadien habe ich das alles nicht einmal erlebt! Das heißt natürlich nicht, dass es da nicht laut zugeht, dass es keinen Trash-Talk gibt. Ich denke allerdings, Football macht Spaß – er macht mehr Spaß! Es geht positiver zu und für die Fans im Stadien geht es um das Happening und nicht etwa um Frust-Abbau. Wenn im TV Zuschauer zu sehen sind, haben die gute Laune!

Warum ich beim Football gucken die Lust am Fußball verliere

Als ich beim Super Bowl LI war, die Atlanta Falcons weit in Führung lagen und die New England Patriots gerade ihre Aufholjagd begannen, da passierte folgendes: Zwei Fans neben mir auf der Tribüne – einer Falcons – einer Patriots – klatschten sich bei jedem gelungenen Spielzug auf dem Platz ab. Bei beiden Teams! Beide waren glücklich so ein Spiel zu sehen. Da gab es keine Missgunst, keinen Neid oder Hass. Da wurden gute Szenen bejubelt, statt über schlechtere Szenen zu meckern. Vielleicht ist das Publikum bei einem Super Bowl ein anderes als in der Regular Season. Aber an den Moment muss ich immer denken, wenn in Bundesligastadien wieder die verbale Keule ausgepackt wird.

Allein schon die Tatsache, dass beim Fußball die Fangruppen der Teams getrennt werden müssen, damit sie sich nicht an die Wäsche gehen, ist doch ein Armutszeugnis – 50.000 Erwachsene schaffen es nicht sich 90 Minuten zu benehmen. Getrennte Fanblöcke sind in der NFL unbekannt. Ultras sowieso und Bengalos erst recht. Fangesänge, Choreografien oder Interaktionen mit dem Stadionsprecher (Danke! Bitte!) hat die Bundesliga dagegen voraus – das gebe ich zu. Und natürlich schießen längst nicht alle Besucher in der Bundesliga übers Ziel hinaus. Aber etwas mehr Anstand und Respekt würde schon ganz gut tun. Sonst verliere ich noch mehr die Lust am Fußball – und vielleicht nicht nur ich.

Geht raus und spielt Fußball!

Auch die Profis auf dem Platz benehmen sich oft so, wie sie es sich in keinem anderen Job erlauben würden. Ich brülle meinen Chefredakteur auch nicht an und fuchtel mit den Händen, wenn er eine Entscheidung trifft, die mir nicht passt. Wieso muss der Fußballer einem Schiedsrichter mit gefletschten Zähnen (bildlich gesprochen) seine Meinung aufzwingen? Warum rennen alle Feldspieler zum Schiri, wenn er Abseits pfeift, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen? Wieso muss man sich nach einem Foul auf dem Boden wälzen, als wäre man von einem Auto angefahren worden? Sicher tut ein Foul im vollen Lauf auf dem Fußballplatz weh. Aber mal ehrlich: Das Wälzen, Jammern und Krümmen passiert doch häufig, damit der Schiedsrichter Karten verteilt, die Zeit vergeht oder, weil man selbst keine Ahnung hat, wie das Spiel weitergehen soll. Solche Szenen machen den Fußball kaputt. Die Zuschauer von morgen werden sich sowas vielleicht nicht mehr angucken wollen.

Football macht Spaß - Schwalbe
Quelle: Screenshot Wikipedia

Wie ist es beim Football? Das da unter den Helmen auch böse Gesichter gemacht werden, dürfte allen klar sein. Schimpfwörter kommen sicher auch vor. Aber am Ende bekommt man so gut wie alles mit – es gibt einfach zu viele Kameras und Mikrofone. Wir haben kürzlich bei dem Helm-Schlag von Myles Garrett gesehen, dass auch ein NFL-Spieler komplett austicken kann. Aber hier wird wenigstens knallhart von der Liga durchgegriffen. Garrett wurde im ersten Schritt auf unbestimmte Zeit gesperrt. Wer in der NFL den Schiedsrichter z.B. schubst, wird in der Regel ejected, gesperrt und bekommt eine Geldstrafe. Wenn das ein Spieler am „unteren Rand“ des Rosters ist, sitzt der gute Mann auch schnell mal auf der Straße. Da überlegt sich der Profi vielleicht doch zweimal, was er tut. Das ist ein System, dass konsequent auf den Fußball übertragen werden könnte.

Football macht Spaß – warum?

Schiedsrichterentscheidungen ist das nächste Stichwort. Da kann man im Fußball und auch im Football lange Vorträge halten. Fans der New Orleans Saints würden bestimmt in der ersten Reihe sitzen wollen. Die NFL geht aus meiner Sicht aber den richtigen Schritt und holt sich schon seit Jahrzehnten technische Unterstützung. So gut wie jede Szene ist aus diversen Kameraperspektiven zu kontrollieren, es gibt die Challenge für die Trainer, es werden alle Entscheidungen per Stadion-Mikrofon erklärt. Transparenz, Hilfe und klare Regeln – auch wenn sie manchem Fan nicht gefallen. Was macht der Fußball? Der definiert nahezu stündlich neu, wann ein Handspiel vorliegt. Das macht mir keinen Spaß mehr beim Zusehen. Besserung ist nicht in Sicht. Eher das Gegenteil.

So. Das musste mal raus. In der NFL ist auch nicht alles Gold was glänzt und es gibt auch Fußball-Spiele, die mich vom Hocker reißen. Ich hoffe nur, dass irgendwann der Tag kommt, an dem Fans von Schalke und Dortmund gemeinsam zum Stadion gehen können. Das ohne unterwegs geparkte Autos demoliert werden – respektive die Visage des Gegenüber. Der Tag, an dem nicht nur ans Geld gedacht wird und der Respekt größer ist als angestaute Wut. Und tut mir einen Gefallen: Wenn ihr in einem Stadion seid und ein anderer Besucher rassistische Beleidigungen auspackt: Geht zum nächsten Ordner, zeigt Zivilcourage und klatscht Beifall, wenn der Pöbler nach Draußen begleitet wird. Danke! Denn Football macht Spaß – und Fußball eigentlich auch!

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7 Antworten

  1. Bin zu 100% deiner Meinung…..ich habe früher (80er Jahre Ulm Sparrows) selbst 8 Jahre Football gespielt, leider hat mich ein Bandscheibenvorfall gezwungen, damit aufzuhören ……….deshalb stimme ich dir vollkommen zu…….super geschrieben…..

  2. Ich kann deine Sichtweise komplett nachvollziehen (liegt nicht nur daran, dass ich Werder-Sympathisant bin)…
    Ich bin jetzt wieder seit 2007 beim Football und jedes Jahr wird Fussball für mich uninteressanter.
    Was mich früher an der spanischen oder italienischen Liga genervt hat (Schauspielerei), ist inzwischen in allen Ligen so und ist respektlos ggü den Organisatoren und den Fans, die das bezahlen…

    ABER:
    es gibt auch Schlägereien&Co in den NFL-Stadien, man bekommt jede Woche ein bis zwei Videos auf FB dazu 😉

    In deutschen Stadien ist American Football dagegen noch ziemlich fair und nice.
    Bei manch einem Jugendspiel müssen die Coaches allerdings auch mal durchgreifen (bevor es der Ref macht)

    Gruß
    Jerome

  3. Dein Artikel trifft genau meinen Nerv bzw. beschreibt genau meine Gefühlslage.
    Mit Fußball habe ich beinahe schon abgeschlossen, vor allem brauche ich nur das Stichwort „Rechtevergabe“ nennen. Vielleicht habe ich einfach keine Ahnung, aber warum soll der Volkssport Nr. 1 in Deutschland nicht frei empfangbar sein?

  4. Sehr schön geschrieben. ME liegt es aber auch an den unterschiedlichen Mentalitäten. In den USA bekommt man Respekt und Anerkennung für Erfolge, in Good old Germany eher Neid. Einiges ist technisch beim Fußball auch nicht so möglich auf Grund des anderen Spielflusses und des anderen Ablaufes.

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