Ich habe ein paar Tage gebraucht, um diese Zeilen zu schreiben. Der Tod von Günter Zapf hat mich sehr getroffen. Wie so viele bin auch ich mit Günters Stimme aufgewachsen – beim Wrestling und bei den Football-Übertragungen. Wir kannten uns seit 2002, haben seit dem immer mal wieder gemeinsam Beiträge fürs Radio gemacht. Irgendwann haben wir uns auch persönlich getroffen und ich würde sagen, wir sind schnell Freunde – und später sogar Arbeitskollegen – geworden. Ich werde die Gespräche mit Günter extrem vermissen…
Im März 1993, als RTL2 auf Sendung ging und dabei WWE-Shows im Programm hatte, haben die meisten von uns zum ersten Mal etwas von Günter Zapf gehört. Als Wrestling-Kommentator war er damals eine „Stimme der Jugend“, so auch für mich. Kurz darauf bin ich mit dem NFL-Football in Berührung gekommen und auch da saß Günter am Mikrofon. Günter war es, der mir die Begeisterung für den Football gebracht hat und er war es auch, der mir den Sport beigebracht hat. Damals konnte man noch nicht schnell die Regeln googeln. Ich habe das Spiel durch den Kommentar gelernt – von Günter, Andreas Renner und Florian Berrenberg, die damals die bekanntesten Stimmen waren.
So habe ich Günter Zapf kennen gelernt
Etwa 10 Jahre später habe ich Günter Zapf das erste Mal persönlich getroffen. Ich war Volontär bei einem Münchner Radiosender und sollte einen Beitrag zum Saisonstart der Munich Cowboys machen. Das war im Jahr 2002. Günter war damals Präsident und lud mich für das Interview zu sich nach Hause ein. Er wohnte nicht weit vom Sender und ich saß total ehrfürchtig mit meinem Mikrofon in seinem Wohnzimmer. An den Wänden waren damals schon viele Erinnerungsstücke zum Thema Football, Eintrittskarten vom Super Bowl, Bälle und anderes. Das war für mich total irre, das alles von DER Stimme der NFL gezeigt zu bekommen.
Mit Günters Handynummer in der Tasche ging ich nach Hause. Die folgenden Jahre haben wir immer zum Super Bowl telefoniert und einen Beitrag fürs Radio dazu gemacht. So blieb der Kontakt viele Jahre bestehen und Günter freute sich immer, wenn ich mich Mitte Januar bei ihm gemeldet habe, um etwas aufzuzeichnen. Gesehen haben wir uns zwischenzeitlich nicht. Bis zum Februar 2017. Damals war ich das erste Mal beim Super Bowl – in Houston. Im Shuttle-Bus zum Stadion schrieb ich Günter, ob er auch da ist und vielleicht auch schon am Stadion. Eine Antwort kam nicht. Aber als der Bus anhielt, ich mit etwa 2.000 anderen Journalist*innen über einen Parkplatz lief, tippte mir jemand auf die Schulter und sagte: „Da bist du ja!“. Es war Günter Zapf.
Wir hatten im Stadion zwar keine Plätze nebeneinander, aber wir waren vor dem Spiel viel zusammen unterwegs. Ich war total aufgeregt das alles erleben zu dürfen – und hatte den richtigen Mann an der Seite, der mir alles gezeigt hat. Kurze Zeit später ging dieser Blog online und auch da war Günter natürlich schnell für ein Interview bereit. Erst im Januar 2020 haben wir uns beim Super Bowl in Miami wieder getroffen. Zusammen mit Max von Garnier und Daniel von der Footballerei saßen wir im Februar bei über 20 Grad in Miami in einer Pizzaria, haben über Football gesprochen und Eis bestellt. Daniel hat mir nach der Todesnachricht sofort geschrieben, weil er sich auch an diesen Tag erinnert hat.
Mittlerweile war ich bei einem anderen Sender beschäftigt. Für den rbb habe ich einige längere Beiträge zum Thema Football oder Wrestling gemacht. Auch da war Günter immer sofort bereit mit mir zu quatschen. Darüber, wie er den ersten American Bowl 1990 in Berlin kommentiert hat, oder wie es war bei Wrestlemania 11 direkt neben Pamela Anderson zu sitzen. Die meisten Interviews habe ich noch in voller Länge.
Wir werden Kollegen
Im September 2021 ist DAZN mit der NFL ENDZN auf Sendung gegangen. Ich durfte Teil der Crew werden und auch Football-Spiele kommentieren. Vor der Premieren-Ausgaben stand ich mit Günter in der Kaffeeküche bei DAZN, etwas nervös vor der ersten Sendung. Da sagte er zu mir: „Du hast doch Ahnung von Football. Reden kannst du auch. Mach einfach!“. Danach fühlte ich mich bereit für die erste ENDZN und es kamen noch einige dazu. Eines sonntags waren unter den anderen Kommentatoren der ENDZN u.a. Günter, Andreas Renner und Florian Berrenberg. Also genau die drei, bei denen ich den Sport gelernt habe. Als in der Konferenz Günter von seinem Spiel zu meinem übergeleitet hat, war das einer der stolzesten Momente meiner Medien-Zeit. Leider habe ich das weder Günter, noch den anderen beiden damals gesagt…
Während der Corona-Pandemie habe ich auf Reisen zum Super Bowl verzichtet. Vor allem die Reise nach Los Angeles 2022 hätte ich gerne gemacht. Günter hat sich den Trip gegönnt und mich zu Hause nicht vergessen. Aus der Radio Row in Los Angeles kam eines Abends dieses Video bei mir an:
Ein Jahr später in Phoenix saßen wir wieder gemeinsam im Pressebereich und auch endlich mal im Stadion direkt nebeneinander. Im Bus zum Stadion hat Günter damals sehr neugierig gefragt, wie gut es mit dem Blog läuft, wie ich das alles so mache und wohin das noch führen kann. Noch ein Jahr weiter sollte dann das letzte Mal sein, dass ich mit Günter gemeinsam unterwegs war.
Super Bowl in Las Vegas
Ich war gerade in Las Vegas gelandet und hatte eine kurze Nacht hinter mir. Morgens gegen 7 Uhr irrte ich durch das riesige Hotel, um etwas zum Frühstück zu finden. In den langen Fluren lief mir tatsächlich Günter in die Arme. Auch er war auf der Suche nach Frühstück. Verabredet haben wir uns für den kommenden Abend an der Hotelbar. Ich wäre fast nicht hingegangen, weil ich so müde vom Tag war. Aber heute bin ich froh doch dagewesen zu sein. Es war das letzte Mal, dass wir in Ruhe zusammensaßen. Wir haben über lästige Langstreckenflüge, vergangene Super Bowls und übers Kinderkriegen gesprochen. Meine Freundin war zu dem Zeitpunkt schwanger.
Im Stadion saßen wir wieder in einer Reihe. Günter mit seinem kultigen Fernglas, ich mit dem Laptop, auf dem ich auch jetzt gerade schreibe. Nach dem Spiel haben wir uns schnell aus den Augen verloren und ich habe den Shuttlebus nicht gefunden. Hätte ich damals schon geahnt, dass das unsere letzten gemeinsamen Minuten waren…
Die Trauer sitzt tief
Am 22. Mai 2024 dann die letzte Nachricht. Ich habe Günter ein Foto meiner frisch geborenen Tochter geschickt. Seine Antwort: „Ganz herzlichen Glückwunsch. Wir sehen uns in New Orleans. Grüße an die Mädels. Günter.“ Damals muss es ihm schon nicht mehr gut gegangen sein. Davon habe ich nichts gewusst. Knapp einen Monat später kam schließlich die Todesnachricht. Ich saß erstmal ein paar Minuten sprachlos vor dem Handy. Ich konnte es nicht glauben und kann es auch heute nicht glauben, dass wir nie wieder gemeinsam in der DAZN-Kaffeeküche stehen werden, oder beim Super Bowl in der Sonne, an der Bar oder nebeneinander im Stadion sitzen. Keine gemeinsamen Interviews mehr und leider sieht Günter nicht noch mehr Babyfotos.
Einer meiner ersten Gedanken an diesem 24. Juni 2024 war: „Warum habe ich Günter nie gesagt, wie gerne ich all diese Sachen mit ihm mache?“ Eine sehr gute Freundin schrieb mir dazu: „Er wusste es. Dass du ihm ein Foto deiner Tochter geschickt hast, hat ihm gezeigt, wie gern du ihn magst!“ Die neue Saison bei DAZN wird schwer für uns alle im Team. Sonntags nicht Günter durch die Flure laufen zun sehen, ist schwer vorstellbar. Nächstes Jahr beim Super Bowl in New Orleans werde ich seine Stimme nicht hören. Günter hat sich so auf New Orleans gefreut. Die größte Freude, die ihm die NFL jetzt noch machen könnte ist: Ein Super Bowl mit seinen Dallas Cowboys.
Ich werde dich vermissen, Günter. Danke für alles und über 20 Jahre Freundschaft.
Matthias