Die Reise durch die NFL geht im hohen Norden weiter. „Die Geschichte hinter den Teams“ beschäftigt sich mit den Minnesota Vikings. Eine Mannschaft, die einst da gespielt hat, wo heute eines der größten Einkaufszentren der Welt steht. In Minneapolis gibt es auch den „Skol Chant“ im Stadion und hier gelang Stefon Diggs eines der größten Wunder der NFL Geschichte. Zieht euch warm an für die ganze Geschichte. In Minneapolis kann es sehr kalt werden.
Die Geschichte der Minnesota Vikings beginnt 1959. Die drei Geschäftsleute Bill Boyer, Max Winter und H.P. Skoglund hatten das Angebot ein Team in die neue Liga AFL zu schicken. Noch vor der ersten Saison sprangen die Partner aber wieder ab und schlossen sich der NFL an, die parallel auch nach neuen Teams gesucht hatte. Den Platz in der AFL übernahmen die Oakland Raiders. Die erste Saison der Vikings sollte 1961 beginnen.
Bei der Suche nach dem Teamnamen wurden einige Ideen diskutiert: „Chippewas“, „Miners“, „Voyagers“ und eben „Vikings“. Der Name wurde schließlich ausgewählt als Anlehnung an die vielen skandinavischen Siedler in der Region um Minneapolis. Etwas ungewöhnlich ist, dass im Namen nicht die Stadt zu erkennen ist, sondern der Bundesstaat. Das ist in der NFL nicht oft der Fall. Das erste Stadion der neuen Vikings wurde das „Metropolitan Stadium“. Das gibt es heute nicht mehr. An der Stelle steht jetzt die Mall of America.
Die Minnesota Vikings bekommen ein Gesicht
Ein berühmter Cartoon-Zeichner aus Los Angeles entwarf den Wikinger für das Logo. Die Farben Lila und Gold sind eine Erinnerung an die College Zeit des ersten General Managers Bert Rose. Er war an der University of Washington, die bis heute auch diese Farben trägt. Zum Start in die erste Vikings-Saison wurde auch eine massive PR-Kampagne in Minneapolis gefahren. Das führte dazu, dass 26.000 Dauerkarten weggingen – in einem Stadion für 34.000 Menschen. Und das open air – 500 km von der kanadischen Grenze entfernt.
Das erste Spiel in der Geschichte der Minnesota Vikings fand am 17. September 1961 statt – und wurde auch gleich mit 37:13 gegen die Chicago Bears gewonnen. Die nächsten 7 Spiele gingen dann alle verloren. In der gesamten Saison kamen nur noch 2 weitere Siege dazu, so dass am Ende eine 3:11 Bilanz zu Buche stand. Die Saison 1962 lief noch etwas schlechter. Es kamen insgesamt nur 2 Siege zu Stande, ein Unentschieden und wieder 11 Pleiten. Seit dem haben die Vikings aber in jeder Saison mindestens 3 Siege erzielt – bis heute.
Als die Vikings komplett lila wurden
Die Vikings brauchten einen langen Anlauf, um oben mit zu spielen. 1964 gab es die erste positive Saison-Bilanz (8:5:1). In dem Jahr kam es auch zu einem denkwürdigen Spiel gegen Detroit. Beide Teams hatten zum Kickoff nur weiße Trikots dabei. Die Vikings holten ihre lila Ausweichtrikots, um nicht alle zu verwirren. Die Mannschaft zog sich an der Seitenlinie um und seit dem trägt das Team zu Hause „Purple“. 4 Jahre später wurden zum ersten Mal die Playoffs erreicht. Dabei überzeugte vor allem die Defensive, die damals als „Purple People Eaters“ bekannt war.
Diese „Menschenfresser“ wurden trotzdem von den Baltimore Colts geschluckt. In der folgenden Saison lief es besser. Die Vikings zogen locker in Super Bowl IV ein – als Champion der NFL waren sie der klare Favorit. Das AFL-Team Kansas City Chiefs holte aber damals den Titel – mit einem 23:7. Für viele bis heute unverständlich. 1970 und 1971 wurde weiter oben mitgespielt – vor allem wegen der guten Defensive. Tackle Alan Page wurde sogar MVP der Saison und das als erster Defensiv-Spieler überhaupt.
Ein Höhenflug in den 1970ern
Nach einem Durchhänger 1972, ging es ein Jahr später wieder in den Super Bowl. Da warteten aber die Miami Dolphins, die damals alles in Grund und Boden spielten. So zogen die Vikings mit 7:24 den Kürzeren. Im Jahr darauf der nächste Super Bowl. Dieses Mal waren aber die Pittsburgh Steelers der lachende Gewinner. In der Saison 1976 sollte es den dritten Anlauf innerhalb von 4 Jahren geben. Aber wieder verloren die Vikings – mit 14:32 gegen Oakland. Seit dem gab es keinen Super Bowl mehr für die Vikings.
Im Jahr 1979 wurde beschlossen, dass die Minnesota Vikings ein neues Stadion bekommen sollten. Das Metropolitan Stadium war – wie so oft damals in der NFL – eine Mischung aus Football- und Baseball-Stadion. Die Ansprüche wurden anders und außerdem gab es auch ganz neue Bau-Techniken. So entstand der Hubert H. Humphrey Metrodome, eine Traglufthalle mit mehr Platz und mollig warmen Spieltagen in einer Stadt, in der es auch mal 40 Grad minus werden können. Ab 1982 wurde hier schon gespielt.
Die Vikings kommen nach Europa
Vor der Saison 1983 flogen die Minnesota Vikings nach London, um beim ersten NFL-Spiel in Europa dabei zu sein. Gegner im Wembley Stadion waren die St. Louis Cardinals, die auch gleich mit 28:10 besiegt wurden. Nach diesem Spiel wurden die American Bowls erfunden – die Pre-Season-Spiele in Europa. Auch Berlin war mehrfach Austragungsort. Das alles führte dann zur NFL International Series mit den regulären Spielen in London und mittlerweile auch in Deutschland, Brasilien und Spanien.
In der Saison 1987 gelang den Minnesota Vikings etwas ganz verrücktes: In den Playoffs wurden die beiden Teams mit der besten Regular-Season-Bilanz des Jahres besiegt – die New Orleans Saints und die San Francisco 49ers. Im Championship Game gegen Washington war der nächste Super Bowl-Einzug zum Greifen nach. Kurz vor Schluss stand es noch 10:17 und die Vikings waren nur noch 6 Yards von der Endzone entfernt. Darrin Nelson ließ beim vierten Versuch aber den Ball fallen und der Traum war dahin. Vor der Saison 1989 kam es zwischen den Vikings und den Dallas Cowboys zum sogenannten „Herschel-Walker-Trade“, den wahrscheinlich umständlichsten Spielertausch der NFL-Geschichte. Insgesamt waren 18 Spieler darin verwickelt. Herschel Walker war der einzige Spieler, der zu den Vikings kam. Die Cowboys sollten 5 Spieler bekommen. Dazu kamen noch diverse Draftpicks, die alle an irgendwelche Bedingungen geknüpft waren. Dadurch landete später u.a. auch Emmitt Smith in Dallas und die Cowboys sollten den Anfang der 1990er Jahre Dank dieses Deals beherrschen.
Die 1990er der Minnesota Vikings
Die folgenden Jahre liefen für die Vikings im oberen Durchschnitt. Wenn es in die Playoffs ging, dann war aber meist schon in der Wild Card Runde Schluss. 1998 waren die Hoffnung auf einen Super Bowl wieder da. Mit einer 15:1 Bilanz ging es in die Post-Season. In jedem Spiel wurden mindestens 24 Punkte gemacht. Im NFC Championship Game gegen die Atlanta Falcons war dann aber Feierabend. Ein Fieldgoal aus 38 Yards sorgte in der Overtime für die Entscheidung.
Bis zur Saison 2000 waren die Vikings weiter Stammgast in den Playoffs. Dann kam das Trainingscamp 2001. Tackle Korey Stringer starb hier an den Folgen eines Hitzeschlags. Vielleicht warf das die Mannschaft komplett aus dem Fahrwasser. Die Bilanz von 5:11 sieht jedenfalls danach aus. Auch die nächsten Spielzeiten liefen kaum besser. 2003 gelang zwar noch ein 6:0 Start. Was am Ende auch wieder nicht reichte. Im Jahr darauf verließ Randy Moss Minneapolis (zum ersten Mal).
Mit neuen Visionen in die Gegenwart
2005 wechselte der Besitzer der Vikings. Zygi Wilf wurde der Boss. Ein Geschäftsmann, der in Deutschland geboren wurde und dessen Eltern den Holocaust überlebt hatten. Er sorgte dafür, dass große Namen nach Minneapolis kamen. So wurde Ausnahme-Talent Adrian Peterson getradet und 2009 kam es vielleicht zum spektakulärsten Kader-Move überhaupt. Brett Favre trat von seinem Rücktritt zurück, um für die Vikings zu spielen – und er legte sogar die beste Saison seiner Karriere hin. Zählbare Erfolge gab es aber nicht.
In der folgenden Saison gab es einige Wetterprobleme in Minneapolis. Ein heftiger Schneesturm ließ das Dach des Metrodomes einstürzen. Die letzten beiden Spiele wurden nach Detroit und in ein College Stadion der Stadt verlegt. Half alles nichts – es ging alles verloren und die Playoffs fanden ohne die Wikinger statt. Es folgte eine Saison mit diversen Quarterback-Problemen. Unter anderem wurde Donovan McNabb aussortiert, der bei den Eagles eine große Nummer war. Ein völlig vergessener Christian Ponder übernahm.
Quarterback Roulette in Minneapolis
Die Saison 2013 war die letzte im Metrodome. Vorübergehend war das TCF Bank Stadium der University of Minnesota das Zuhause der Vikings. Es wurde also wieder draußen gespielt. Das muntere Wechsel-Spiel auf der Quarterback-Position ging weiter. Matt Cassell war einige Zeit die Nummer 1. Dann kam Teddy Bridgewater. Zwischenzeitlich flog Adrian Peterson aus dem Team und aus der NFL, wegen des Vorwurfs der Kindesmisshandlung. Positives gab es in Sachen Stadion zu vermelden. Das U.S. Bank Stadion wurde fertig.
Eigentlich wollten die Vikings lieber ein offenes Stadion. Aber die Stadt Minneapolis wollte mit der neuen Arena auch andere Events anlocken. Der Kompromiss: Eine Seite des Stadions kann so geöffnet werden, dass es „Durchzug“ gibt – und die Stadt bekam andere Events. Etwa Super Bowl LII – mit -20 Grad Außentemperatur und kuscheligen 20 Grad im U.S. Bank Stadium.
The Minneapolis Miracle
Die Saison 2017 sollte dann Sam Bradford anführen. Aber auch er wurde schnell wieder abgelöst – durch Case Keenum. Er war schließlich am 14. Januar 2018 der Quarterback, der den Pass auf Stefon Diggs warf – im Divisional Playoff Game gegen New Orleans. 25 Sekunden vor Schluss waren die Saints mit 24:23 in Führung gegangen. 10 Sekunden vor Schluss standen die Vikings an der 39 Yards Linie – mit nur noch einem Versuch. Was dann passierte ist NFL-Geschichte. Wer noch nie etwas mit Football zu tun hatte oder das Geile an dem Spiel nicht versteht, der sollte sich die vielen Videos dieses Spielzeugs bei YouTube angucken. Diese unglaubliche Freude, die ungläubigen Blicke der Spieler oder Markus Kuhn, der bei ranNFL sagte: „Ich hab Gänsehaut am Po!“ Der Traum vom Super Bowl im eigenen Stadion in Minneapolis war groß. Das gab es bis dahin nämlich noch nie in der Geschichte. Der Traum platze aber im NFC Championship Game gegen die Eagles mit 7:38.
Skol!
Während der Fußball-EM 2016 hatten die Isländer den sogenannten „Skol-Chant“ in der Fußball-Welt bekannt gemacht. Die Vikings übernahmen das Prozedere im neuen Stadion – schließlich handelt es sich ja um eine Wikinger-Tradition. Dazu ist noch ein riesiges Gjallarhorn aufgebaut, das oft von Promis vor dem Spiel geblasen wird. Wenn dann noch Stadionsprecher Alan Roach die Menge darauf vorbereitet und die Skol-Line den Takt vorgibt, dann gibt es wieder „Gänsehaut am Po“!
Sportlich lief es so einigermaßen für die Vikings. 2019 wurden die Playoffs erreicht – es ging bis immerhin bis in Divisional Round. Nach einem kurzen Durchhänger 2020 und 2021 scheiterte man 2022 in der Wild Card Runde. Dafür gab es neues, vielversprechendes Personal. Head Coach wurde Kevin O’Connel und Kirk Cousins hält weiter als Quarterback die Fahne hoch. Vielversprechend und vor allem spektakulär waren die Leistungen von Wide Receiver Justin Jefferson. Große Erfolgsgeschichten blieben aber erstmal aus.
Die erste Version dieses Artikels erschien am 16. April 2019. Dieses Update ist vom 15. Februar 2024.
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