Die Los Angeles Chargers haben vielleicht das merkwürdigste Team-Logo der NFL – es ist aber nicht ein Verweis auf das mögliche Toupet von Donald Trump, sondern ein Blitz. Wieso die Los Angeles Chargers seit fast 60 Jahren bestehen, aber erst wenige Jahre in LA hinter sich haben, woher der Name kommt und wer die „Bruise Brothers“ waren – das jetzt in „Die Geschichte hinter den Teams“.
Die Geschichte der Los Angeles Chargers beginnt 1959 in der Vorbereitung für die neue American Football League, die ein Jahr später an den Start gehen sollte. Der starke Mann hinter dem Team war damals Barron Hilton, Sohn von Conrad Hilton, dem Gründer der gleichnamigen Hotel-Kette. Er startete auch den üblichen Wettbewerb, um einen Namen für das Team zu finden. Die Idee „Chargers“ setzte sich schnell durch, denn „Charge“ war der Schlachtruf des Football-Teams an der University of Southern California. Mit den „Trojans“ sollte man sich auch das Stadion teilen – das antike Los Angeles Memorial Coliseum.
So richtig voll wurde die Hütte in der ersten AFL-Saison nicht. Fast 80.000 Plätze gab es, aber in nur einem Spiel kamen mehr als 20.000. Gegen die Denver Broncos waren es nicht mal 10.000. Dafür stimmte es sportlich. Quarterback Jack Kemp und Head Coach Sid Gillman führten die Los Angeles Chargers gleich in der ersten Saison überhaupt ins AFL-Championship Game. Das wurde dann allerdings mit 16:24 gegen die Houston Oilers verloren. Kurz nach der Saison kam es dann schon zum ersten Umzug des Teams. Barron Hilton verlegte die Chargers nach San Diego – also rund 200 km die Küste runter.
Los Angeles Chargers – San Diego Chargers
Los Angeles sei satt, was den Profisport angeht. Das war damals die Meinung in der Stadt. Also zogen die Chargers um. In der neuen Stadt sollte im erweiterten Balboa Stadion gespielt werden, in dem nicht mehr so viel „Luft“ war wie im Coliseum. Die Stadt war neu – der sportliche Erfolg war der alte: Mit einer souveränen 12:2 Bilanz gelang wieder der Durchmarsch ins AFL-Finale. Vor allem die Defensive konnte überzeugen. Sie wurde „Fearsome Foursome“ genannt, was später noch andere Teams machten. Das Finale wurde aber auch wieder verloren – wieder gegen die Oilers – mit 3:10.
Zum Stamm der Chargers gehörte auch Tackle Ernie Ladd. „The Cat“, wie er genannt wurde, reichte der Football damals aber nicht. Seit 1961 probierte er sich auch als Wrestler. Er war sogar in der WWF (heute WWE) aktiv und wurde schließlich auch in deren Hall of Fame aufgenommen. Das andere Aushängeschild: Running Back Paul Lowe. In seinem ersten professionellen Footballspiel überhaupt legte er mit seiner ersten Ballberührung einen 105 Yards Touchdown hin. Außerdem gehört er zu den nur 20 Spielern insgesamt, die alle Spielzeiten der AFL mitgemacht haben. Aber auch diese Starpower half den Chargers 1962 nicht. Nach dem Hoch folgte eine traurige 4:10 Bilanz.
Siegesserie nach Hänger
In den folgenden 3 Spielzeiten waren die San Diego Chargers das Maß aller Dinge. Im AFL-Championship Game 1963 konnte der erste Titel geholt werden – mit einem 51:10 gegen die Patriots. Auch die nächsten beiden Endspiele wurden erreicht – aber beide verloren – einmal knapp gegen die Buffalo Bills und einmal zu Null gegen die Bills. Kurz danach wurden die Chargers verkauft – an eine Bietergemeinschaft. Ein bekanntes Gesicht kam damals nicht zum Zug – Jerry Jones. Er kaufte später stattdessen die Dallas Cowboys und machte daraus das wertvollste Sportteam der Welt. 1967 wurde auch ein ganz neues Stadion bezogen. Heute ist es den meisten als Qualcomm Stadium bekannt. Fast 50 Jahre blieb es das Zuhause der Chargers.
Die Rahmenbedingungen stimmten also, nur sportlich hingen die Chargers etwas durch. Jahr für Jahr landete man im guten Mittelfeld. Auch als die AFL 1970 mit der NFL fusionierte wurde es kaum besser. Es wurden einige Trainer verheizt, sogar der große Johnny Unitas wurde verpflichtet. Er stand 1973 aber nur 5 Mal auf dem Platz. Die Bilanz am Saisonende: 2:12. Ein Aufschwung kam erst 5 Jahre später, als Don Coryell Head Coach wurde. Er ließ eine pass-dominierte Offensive spielen, die später als „Air Coryell“ bekannt wurde. Dan Fouts war der Quarterback, der das alles auf dem Feld umsetzte. Schon 1979 erreichten die Chargers so wieder die Playoffs.
Die Bruise Brothers kommen
Der Weg führte nach oben und ziemlich souverän zogen die Chargers 1980 und auch 1981 ins AFC Championship Game ein. Louie Kelcher, Fred Dean, Leroy Jones und Gary Johnson, genannt „Big Hands“, waren dabei die Abwehrreihe, an der die wenigsten vorbei kommen sollten. Ihr Spitzname: „Bruise Brothers“, weil die Gegner viel Körperkontakt zu spüren bekamen. Dummerweise gingen beide Finals verloren – 1980 gegen die Oakland Raiders und 1981 gegen die Bengals. Nicht zu verschweigen ist in der Saison 1981 aber das „beste NFL-Spiel aller Zeiten“. So wurde die Begegnung gegen in der Divisional Round gegen die Miami Dolphins genannt. Dieses „Epic in Miami“ sah 79 Punkte und 1.036 Yards. Die Chargers gewannen mit 41:38.
Beeindruckende Leistungen blieben eine Spezialität der San Diego Chargers. Auch wenn es Anfang der 1980er nicht zum Titel reichte, es wurden andere Bestleistungen aufgestellt. Wide Receiver Wes Chandler schaffte z.B. 129 Receiving Yards in einem Spiel. In zwei Spielen in Folge wurden den Gegnern fast 100 Punkte eingeschenkt. Guard Ed White machte sein 241. NFL-Spiel – damals auch ein Rekord. Als Dan Fouts seine Karriere beendete und seine Rücknummer 14 retired wurde, hatte der Quarterback 42 Club-Rekorde aufgestellt. Pokale oder Playoff-Football gab es nicht. Zwischen 1983 und 1991 lief nichts. 1992 wurden die Playoffs zwar erreicht, aber es war schnell Schluss.
Endlich wieder ein Titel
Es dauerte bis 1994, bis die Chargers auch sportlich wieder etwas vorweisen konnten. Angeführt von Quarterback Stan Humphries marschierten man durch bis in den Super Bowl. In der ersten Finalteilnahme waren die San Francisco 49ers der Gegner. Es war das erste Mal, dass zwei Teams aus dem selben Bundesstaat aufeinander trafen. Insgesamt gab es 10 Touchdows und 75 Punkte – alles NFL-Rekorde. Die Chargers mussten aber auch hier mal wieder bei der Siegerehrung zugucken. Die 49ers gewannen mit 49:26. Es war damals auch der letzte Super Bowl, bei dem besagte Siegerehrung in der Kabine stattfand. Ein Jahr später begann die Tradition, die noch heute gilt: Den Pott gibt es auf dem Feld!
Wie so oft war auch für die Chargers als unterlegende Mannschaft in den Jahren nach dem Super Bowl etwas die Luft raus. Außerdem gab es dramatische Schlagzeilen. Linebacker David Griggs starb bei einem Autounfall und Running Back Rodney Culver stürzte mit einem Flugzeug ab und starb. Da war dann der Sport auch mal egal. Bis 2002 wurde wieder viel herumexperimentiert – vor allem auf der Trainerposition. Sportlicher Tiefpunkt war eine 1:15 Saison im Jahr 2000. Zwei Jahre später wurde dann der nächste Retter vorgestellt: Marty Schottenheimer wurde Head Coach.
Leichter Aufwind mit LaDainian Tomlinson
Auch Running Back LaDainian Tomlinson war mittlerweile ein Charger. Er wurde in San Diego der erste NFL-Spieler, der 1.000 Yards erlief und im selben Jahr auch 100 Pässe fing. Auf der Quarterback-Position etablierte sich Drew Brees und als im Draft 2005 auch noch Defensive End Shawne „Lights out“ Merriman nach San Diego kam, waren die Hoffnungen groß. Es dauerte aber bis 2007, bis wieder ein Playoff-Spiel gewonnen wurde. Drew Brees war mittlerweile an die New Orleans Saints abgegeben worden. Sein Nachfolger wurde Philip Rivers. Er warf die Chargers bis ins AFC Championship Game. Da waren die New England Patriots zu stark. Schon damals trieb sich dort Tom Brady herum. Die Schlagzeilen machte aber Rivers, der mit einem Kreuzbandriss spielte!
Auch wenn in den folgenden Jahren die Leistung der Chargers stimmte, es sprang mal wieder nicht viel heraus. Ganze 2 Playoff-Siege kann man vorweisen, dafür auch mal wieder 2 Trainer-Wechsel. Erst blieb Norv Turner für 6 Spielzeiten. Danach stand Mike McCoy 4 Jahre am Spielfeldrand. 2012 drohte ein Skandal hochzukochen, als einer der Schiedsrichter bei einem Spiel eine verbotene Substanz auf einem Handtuch der San Diego Chargers entdeckte. Die NFL untersuchte den Fall und entschied: Da war nichts. Trotzdem wurden 20.000 Dollar Strafe fällig.
San Diego Chargers – Los Angeles Chargers
Die San Diego Chargers wurden immer wieder als mögliches Team gehandelt, das nach Los Angeles umziehen könnte, sollte dort ein neues und modernes Stadion entstehen. Aber Besitzer Alex Spanos ließ immer alle Angebote abprallen. Dann entstanden in LA die Pläne für die hypermoderne Arena in Inglewood. Alex Spanos Sohn Dean wollte aber für die Chargers in San Diego ein neues Stadion erkämpfen. Die NFL bot Spanos sogar 100 Millionen Dollar, wenn das Team in der Stadt bleiben würde. Es kam schließlich sogar zu einer Abstimmung in San Diego, wie es weitergehen sollte. Das Ergebnis: Die Chargers entschlossen sich für den Umzug.
In Los Angeles waren schon die St. Louis Rams als künftiges Team eingeplant und von der NFL abgesegnet. Auch die Oakland Raiders wurden als weiteres Team gehandelt. Anfang Januar 2017 wurde der Deal final abgesegnet. Neben den künftigen Los Angeles Rams würden die Los Angeles Chargers mit der neuen Saison wieder zu ihren Wurzel zurückkehren. Bis das neue Stadion fertig wurde, sollte die Heimat das StubHub Center werden – auch bekannt als Dignity Health Sports Park. Mit 27.000 Plätzen war es das mit Abstand kleinste Stadion der NFL. So richtig glücklich war noch niemand in der Stadt, dass die Chargers zurückkommen. Es geisterte angeblich auch die Idee herum, dass Team einem Rebranding zu unterziehen und einen völlig neuen Namen zu suchen. Aber die kurze Geschichte in LA – das erste Jahr überhaupt – gab den Ausschlag dafür so zu bleiben wie man war.
Statt einer neuen Arena in San Diego, spielten die Los Angeles Chargers also in einem „Schuhkarton“ in einer der bekanntesten Städte der Welt. Zum ersten Spiel kamen 25.000 Zuschauer. In der gesamten Saison waren es nur etwas mehr als 200.000. Zum Vergleich: Bei den Dallas Cowboys waren es fast 750.000. Okay, die haben auch das größere Stadion. Aber bei den Chargers waren zum Teil sogar mehr Auswärtsfans als eigene anwesend. So kam kurzfristig auch die Idee auf, noch einmal nach San Diego umzuziehen. Dazu kamen auch Probleme am neuen Stadion in Inglewood, das doch erst 2020 fertig werden sollte. Aber mit noch einem Umzug hätte man sicher auch die letzten Fans verschreckt. Also blieb man im „Schuhkarton“
Die Los Angeles Chargers heute
Immerhin lief es für die Los Angeles Chargers ab der Saison 2018 wieder einigermaßen erfolgreich. Erst in der Divisional Round der Playoffs war Schluss – gegen die Patriots, gegen die ein Ausscheiden keine Schande ist. In der Corona-Saison 2020 zogen die Chargers schließlich in die neue Arena und spielten leider vor 0 Zuschauern. Seit dem zählt das Team gefühlt immer zu den Geheimfavoriten auf den Titel. Das hat auch viel mit dem neuen Quarterback zu tun: Justin Herbert. Er war 2020 auch der Offensive Rookie of the year. Die folgenden Jahre konnte man aber nie wirklich überzeugen.
Die erste Version dieses Artikels erschien am 13. August 2019. Dieses Update ist vom 02. Februar 2024.
3 Antworten