An diesem Wochenende fand das vierte und letzte Spiel der NFL London Series für dieses Jahr statt. Im Wembley Stadion trafen „meine“ Houston Texans auf das „Heimteam“ Jacksonville Jaguars. Ich konnte leider nicht dabei sein. Aber ich musste in den letzten Tagen immer wieder daran denken, wie ich vor mittlerweile 11 Jahren mein erstes NFL-Spiel live im Stadion erlebt habe – eben bei den Houston Texans. Danach folgten diverse Spiele in London, 3 Super Bowls und viele tolle Erinnerungen. Das hier soll ja ein „Erlebnis-Blog“ sein. Also habe ich die Erinnerungen zusammengefasst, wie und wo ich die NFL live im Stadion gesehen habe.
Erst vor 2 Tagen habe ich auf einer Geburtstagsparty mit jemandem über die NFL gesprochen – wie es sich für einen Fan anfühlt, zum ersten Mal live im Stadion dabei zu sein, nachdem man viele Jahre zuvor immer nur spät abends oder nachts vor dem Fernseher zugeguckt hat. Der Party-Gast fragte mich: „Hast du dir damit einen Traum erfüllt?“ Da konnte ich nur „Ja“ sagen. So wie er mir von einem Konzert-Besuch vorgeschwärmt hat, habe ich über die NFL gesprochen.
Der Schauspieler Michael J. Fox hat mal gesagt: „If you do something cool, it could be pretty energizing!“ Das fasst ganz gut zusammen, wie es mir 2008 ging, als ich mit mehreren Freunden im damals noch Reliant Stadium von Houston das Spiel der Texans gegen die Indianapolis Colts gesehen habe. Es war das klassische 12 Uhr Spiel bzw. 19 Uhr Spiel nach deutscher Zeit. Ich werde den Moment nie vergessen als die Teams einliefen, mit dem typischen Spektakel, dem Feuerwerk und den Cheerleadern. Ich habe es hier im Blog schon ein paar Mal erwähnt: Ich habe dabei geweint vor Glück – und schäme mich nicht dafür.
Bei der NFL ist so vieles anders im Stadion. Es gibt keine Fanblöcke, in die „verfeindete Fans“ eingesperrt werden, wie in der Bundesliga. Hier vertragen sich alle. Trotzdem wird die eigene Mannschaft bis zum Anschlag angefeuert. Bis die eigenen Jungs ausgebuht werden, muss schon viel schief gehen. Auch Gegenspieler werden nicht bepöbelt, Schiedsrichter schon gar nicht. In diesem Fall in Houston fand auch eine interessante „Selbstreinigung“ statt. Als ein Fan sich etwas zu derb ausdrückte während er neben mehreren Kindern stand, wurde er von anderen Zuschauern freundlich nach draußen begleitet – und dann war Ruhe.
Bei der NFL gibt es mehr Respekt
Gegen Ende des Spiels wurde auch kein Bier mehr verkauft, damit die Stimmung nicht kippen kann. Was ich bei der NFL live im Stadion immer wieder ergreifend finde: Wie mit der Nationalhymne umgegangen wird. Sobald die ersten Takte laufen, steht das Leben still und es wird gesungen – oder wenigstens gesummt. Der Verkauf im Fanshop ruht, niemand sagt etwas, wer gerade zur Toilette wollte, bleibt stehen. Nach diesem ersten Erlebnis dauerte es für mich 5 Jahre, bis ich in London das nächste Spiel verfolgen durfte. Es hat sich herumgesprochen, dass die Football-Fans die Stadt einnehmen. Das gilt natürlich auch für das Fanfest vor den Stadien.
Gerade das Wembley Stadion hat eine ganz besondere Aura. Auch wenn die historische Events im „alten“ Stadion passiert sind – also WM-Finale 1966, EM-Titel 1996 oder Live Aid – aber der Mythos lebt auch im neuen Stadion. Bei meinem Besuch 2013 besiegten die San Francisco 49ers die Jacksonville Jaguars. Schiedsrichter-Legende Ed Hochuli gab mir freundlich im Kabinentrakt die Hand, als er mir über den Weg lief und Colin Kaepernick hat noch Football gespielt. Alles erst 6 Jahre her.
Über 80.000 Fans live im Stadion
Im Jahr 2015 war der Besuch in Wembley schon fast so etwas wie Routine. Da hilft die NFL aber auch kräftig mit, denn das Personal im Pressebereich ist Jahr für Jahr fast das selbe. Die doch etwas umständlichen Wege durch den Backstage-Bereich des Stadions sind bekannt und wenn in London sogar noch die Sonne scheint, dann kann es nur ein schöner Tag werden. Gespielt haben die Kansas City Chiefs gegen die Detriot Lions. Die Chiefs haben ihr „Heimspiel“ sehr deutlich gewonnen. Travis Kelce war damals noch ein kleins Licht und das Duell der Quarterbacks hieß Alex Smith vs. Matthew Stafford.
Wer in London mit Einheimischen Bus und Bahn fährt weiß, dass hier nicht gedrängelt wird. Es wird ge-cued. Erstaunlicherweise schaffen es auch Football-Fans nach einem Spiel im Wembley Stadion sich brav in die Reihe zu stellen, um den Bahnhof betreten zu können – und das, obwohl die Fans aus allen Ecken des Kontinets kommen. Es dauert manchmal schon etwas lange, bis man endlich in der Bahn sitzt. Mittlerweile bricht aber in der Schlage nicht mehr das Handynetz zusammen. Da wurde also gegengesteuert.
Seit 2015 bin ich jedes Jahr mindestens bei einem Spiel der NFL live im Stadion. Es ergab sich bis hierhin auch immer, dass ich andere Teams gesehen habe, als bei den Malen zuvor. 2016 waren es in London 2 Mannschaften, die heute nicht unbedingt viele hinter dem Ofen hervorlocken. Washington gegen Cincinnati hieß das Duell. Immerhin hatte das Spiel die Besonderheit, dass es 27:27 Unentschieden ausging. Nach dem Spiel war ich bei den Bengals in der Kabine, wie es in der NFL so üblich ist. Seit dem kann ich behaupten, dass ich Quarterback Andy Dalton nackt gesehen habe. Wäre es andersrum passiert, würde ich vielleicht noch die Schuld am Abschneiden seines Teams bekommen.
Es kann immer noch gesteigert werden
Die Saison 2016 war noch nicht ganz beendet, da habe ich meinen Platz für den Super Bowl LI in Houston bekommen. Beim Ausfüllen der Akkreditierung war ich mir nicht sicher, ob ich als einer der 5.000 Journalisten weltweit ausgewählt werde. 2 Woche vor dem Spiel kam aber die E-Mail und ich saß für einen Augenblick vor dem Computer und musste mich sortieren. „Ich? Super Bowl? Live im Stadion?“. Mein großes Glück an dieser Stelle war, dass ich Freude in Houston habe. Die luden mich sofort ein 2 Nächte zu bleiben. Der Flug für den Wochenend-Trip nach Texas war schnell gebucht und plötzlich war ich dabei! Gut, dass ich vor dem Stadion Günter Zapf von DAZN getroffen hatte. Für ihn war das alles nichts neues mehr und so konnte er mich etwas leiten.
Man erkennt auf diesem Bild schon eine gewisse Freude in meinem sonst so unterkühlten norddeutschen Auftreten. Ich glaube, ich saß 6 Stunden auf meinem Platz und habe ehrfürchtig auf den Platz geguckt. Man kann es einfach mit nichts vergleichen, wie sich ein Super Bowl live anfühlt. Wenn man 20 Jahre lang alles im TV sieht, von dem Hype hört und dann plötzlich Teil des Ganzen ist, das ist unglaublich. Am besten brachte es ein Radio-Kollege auf den Punkt. Als ich ihm meinen Beitrag über das auch noch denkwürdige Spiel geschickt habe, waren seine Worte: „Man hat gehört, dass dir vor Glück die Sonne aus dem Ar*** scheint“ .
NFL live im Stadion – kann es langweilig werden?
Als ich 2017 wieder in London war, um das Spiel der New Orleans Saints gegen die Miami Dolphins zu sehen, hatte ich kurzfristig etwas Sorgen: Macht das alles noch Spaß, wenn man schon einen Super Bowl erlebt hat? Die klare Antwort: JA! Immerhin stand Legende Drew Brees auf dem Platz. Die Dolphins waren vielleicht auch etwas ehrfürchtig – sie gingen mit 0:20 unter. Aber selbst den Miami-Fans war das wohl einigermaßen egal. Denn was bei jedem London-Spiel zu erkennen ist: Es sind Fans aller 32 Mannschaften in der Stadt unterwegs und alle wollen hauptsächlich die Stimmung genießen. Oder in Fanshops einkaufen, die größer sind als der Parkplatz eines Bundesligastadions.
Auch in der Saison 2017 habe ich 2 Mal die NFL live im Stadion erlebt. Denn auch der Super Bowl LII in Minneapolis stand auf meinem Reiseprogramm. Mittlerweile hatte mein damaliger Arbeitgeber auch mitbekommen, dass so ein Spiel durchaus von Interesse im Radio sein kann. Also habe ich aus dem Schnee in Minnesota gefühlt 35 Radio-Beiträge abgeliefert. Die durchschnittlich -20 Grad Celsius musste man aber auch nur ertragen, wenn man zum Transfer-Bus zum Stadion ging. Ansonsten war alles Wichtige indoor untergebracht.
Der „coolste Super Bowl“
Pressezentrum und Fanfest waren in der Mall of America, und das Bank of America Stadium ist bekanntlich auch überdacht. Witzigerweise kann ich mich nicht daran erinnern, ob es eine Garderobe für die Zuschauer gab. Immerhin kamen ja alle dick eingepackt zum Stadion und saßen dann dort viele Stunden bei etwa 20 Grad plus. Ich habe das Spiel und den Sieg der Eagles aus einer ungewöhnlichen Perspektive genossen: Ich saß hinter einer Endzone in der obersten Reihe 1. Zu weit vorlehnen am Pressetisch sorgte schon für etwas Schwindelgefühl. Aber so erkennt man auch ganz gut, wie schnell die Spieler sein müssen, wenn sie ausgewechselt werden.
Der Super Bowl war auch das erste Spiel, bei dem ich ein NFL-Team zum zweiten Mal gesehen habe. Die New England Patriots standen bekanntlich wieder im Finale. Aber auch beim London Spiel 2018 gab es für mich eine „Wiederholung“. Die Eagles kamen als Champion nach Europa und trafen da auf die „einheimischen“ Jacksonville Jaguars – und gewannen auch. 5 Jahre nach meinem ersten Spiel in London war noch deutlicher zu merken, wie viele deutsche Fans den Weg auf sich nehmen.
Es wird Zeit für ein Spiel in Deutschland
Laut NFL waren mindestens 12.000 Fans im Stadion aus Deutschland. Kein Wunder, dass immer wieder die Diskussion geführt wird, wann es ein Spiel in Deutschland gibt. Die andere Diskussion, die ich in London jedes Jahr mitbekomme, ist: Kann es ein festes Franchise in England geben? Ich bin mir nicht sicher, ob es dazu kommt. Es geht zwar bei der NFL auch darum viel Geld zu verdienen – und das ist sicher in Europa möglich. Aber es müsste schon einiges am Spielplan gedreht werden, damit die Reisestrapazen bei einer Playoff-Teilnahme des Europa-Teams nicht ausufern.
So ein volles Stadion zeigt, wie die Fans in Europa auf die NFL abgehen. Ich persönlich glaube, dass eher mehrere Spiele außerhalb der USA stattfinden, bevor ein Team komplett umzieht. Ehrlich gesagt, gehört zu einem Spiel der NFL live im Stadion aber auch das typisch amerikanische Leben drumherum. Das wird zwar sehr gut nach England exportiert, aber in den USA ein Spiel zu sehen, macht noch viel mehr aus. Da ergeben sich dann Szenen, wie bei meinem Trip zum Super Bowl LIII nach Atlanta.
Umweltschutz? Nein, danke!
Am Super Bowl Sunday in Atlanta hatte ich mich noch mit Vertretern der Liga im NFL-Hotel getroffen. Das lag etwa 600m vom Stadion entfernt. Die gesamte Innenstadt war für den normalen Autoverkehr abgesperrt. Die NFL bot mir dann an, mit einem Shuttle-Bus zum Stadion zu fahren! Wie gesagt: 600m weit! Über eine abgesperrte Straße, die auch noch bergab ging. Etwas mehr Gefühl für die Umwelt täte den Amerikanern schon ganz gut. Aber was will man bei der Regierung erwarten? Dafür wurde allerdings für die Fußgänger im Stadion sehr gut mitgedacht.
Um diese Aussicht zu erreichen, waren Linien auf den Boden gezeichnet. Je nachdem wo die Plätze waren, musste man nur einer der 3 Linien hinterherlaufen. Ein Herumgeirre mit dem Ticket in der Hand gibt es so nicht. In Atlanta gab es übrigens auch ein kostenloses WLAN für alle Besucher – ohne Anmeldung – und es lief sogar die gesamte Zeit stabil. Auch wenn 80.000 Menschen darauf zugriffen, um Bilder nach Hause zu schicken. Das gibt es in Deutschland eher selten. Ganz nebenbei habe ich bei diesem Spiel dann auch zum dritten Mal die Patriots gesehen. Sie haben mir also etwas meine Bilanz versaut.
Das vorerst letzte Mal NFL live im Stadion
Nach 5 Besuchen im Wembley Stadion von London, habe ich in diesem Jahr etwas Abwechslung bekommen. Für mein 10. NFL-Spiel ging es in das neue Tottenham Stadium. Die erste Arena, die außerhalb der USA für die NFL gebaut wurde. Ich habe an dem Nachmittag niemanden gehört, der das Stadion nicht geil fand. Kurze Wege, beste Sicht auch aus den untersten Reihen, sogar Teppichboden auf einigen Tribünen. Klar, ein Regionalliga-Stadion in NRW hat auch Charme. Aber diese Mischung aus Luxus und Spielkultur ist wirklich grandios.
Während des Spiels habe ich einen Liveticker gemacht, der noch viel mehr Eindrücke einfängt. Unter anderem wurde ich von 2 Blog-Lesern erkannt, mittlerweile kennt man auch andere NFL-Reporter und Icke von ranNFL schrieb mir anschließend, dass er zu viel zu tun hatte, um mal wieder etwas zu plaudern. Netter Typ! Die NFL wird jetzt 10 Jahre im Tottenham Stadium zu Gast sein – mit 2 Spielen pro Jahr. Für 2020 werde ich auf jeden Fall wieder da sein!
Meine NFL Bilanz
Insgesamt habe ich also in meiner Zeit als NFL-Fan 10 Spiele live erlebt. Von den 32 Mannschaften habe ich immerhin schon die Hälfte, also 16, gesehen. Die Patriots waren 3 Mal dabei, die Jaguars 2 Mal. Wie ist es bei euch? Wie viele Spiele habt ihr gesehen? Und wo? Diskutiert gerne mit auf der BeimFootball Facebook-Seite oder in der Facebook-Gruppe.
2 Antworten
Wann sollte man sich vor einem Spiel im/am Stadion einfinden. Bin gerade in Tampa und habe Tickets. Grüße!!!
Wenn es dein 1. Spiel ist, dann so früh es geht. Es gibt immer genug zu gucken und zu erleben!