Es gibt aktuell nur vier Teams in der NFL, die noch nie in einem Super Bowl standen. Dazu gehören auch die Detroit Lions. Sie halten außerdem einige unrühmliche Negativ-Rekorde in der NFL – manche auch zusammen mit den Cleveland Browns. „Die Geschichte hinter den Teams“ blickt aber auch auf die graue Vorzeit zurück. Da gab es spontane Titel, das letzte 0:0 in der NFL bis heute, einen über 50 Jahre alten Fluch, biertrinkende Quarterbacks und natürlich Barry Sanders!
Die Geschichte der Detroit Lions beginnt 1928 in Portsmouth, Ohio – also rund 470 km südlich der Motor City. Unter dem Namen Portsmouth Spartans wurden hier Spieler aus semi-professionellen Teams zusammengesucht, um gemeinsam Football zu spielen. Als die Stadt für ein vernünftiges Stadion sorgte, bekamen die Spartans 1930 die Chance in die noch recht neue NFL aufgenommen zu werden. Schon in der dritten Saison sorgte man für Aufsehen, als Head Coach Dutch Clark in einem Spiel gegen die Green Bay Packers nicht einmal auswechselte. Von Anfang bis Ende blieben die gleichen 11 Spieler auf dem Platz – und gewannen sogar!
Am Ende der Saison 1932 lagen die Portsmouth Spartans mit den Chicago Bears gleichauf. Eine Ko-Phase und eine Postseason gab es noch nicht, aber wer sollte der Champion sein? Es wurde ein entscheidendes Spiel ausgetragen, das heute als erstes Playoff-Spiel der Geschichte gilt. Die Umstände waren allerdings schwierig. Am Spielort in Chicago war es lausig kalt und ein Schneesturm hatte das Stadion unspielbar gemacht. Also wurde das „Endspiel“ in eine Halle verlegt, mit verkleinertem Spielfeld. Die Spartans verloren mit 0:9 – wurden aber ein Teil der Geschichte.
Die 1930er waren wirtschaftlich bekanntlich keine gute Zeit. Das machte sich auch bei den Portsmouth Spartans bemerkbar. Die Stadt hatte damals rund 43.000 Einwohner, die andere Sorgen hatten als Football. Das Team stand vor dem Aus und so kam der Plan auf, die Spartans in eine andere Stadt zu verlegen, wo mehr los ist. Es war schließlich Radiomoderator George A. Richards aus Detroit, der für 8.000 Dollar das Team übernahm. Er „erfand“ auch den Namen Detroit Lions. Der Grund war schlicht: In Detroit gab es schon ein Baseball-Team, das Tigers hieß. Richards dachte wohl einfach logisch: „Passt ja“.
Die Geschichte der Detroit Lions beginnt
Der Umzug nach Detroit zahlte sich sofort aus. Die ersten 10 Spiele als Lions wurde alle gewonnen. Am Ende waren die Chicago Bears aber wieder besser und gingen ins Endspiel. Nur ein Jahr später schlug die Stunde der Detroit Lions. Angeführt von Dutch Clark, Trainer, Quarterback und Kicker zugleich, wurde der erste NFL-Titel der Team-Geschichte geholt – mit einem 26:7 gegen die New York Giants. Kurios daran: Im selben Jahr gewannen die Detroit Tigers die World Series im Baseball und 1936 gewannen die Detroit Red Wings den Stanley Cup im Eishockey. Detroit war also DIE Sport-Macht!
Wie es so vielen Teams nach einem Titel passierte, rutschten auch die Detroit Lions in eine Krise. 1938 trat Dutch Clark zurück, genau wie Running Back Legende Ernie Caddel. Schritt für Schritt wurde es schlimmer. 1942 wurde kein einziges Spiel gewonnen – in der gesamten Saison wurden auch nur 5 (!) Touchdowns erzielt. Im November 1943 gelang den Lions auch das Kunststück gegen die Giants 0:0 zu spielen. Bis heute ist das nicht wieder passiert. Als die 1940er zu Ende waren, hatte man insgesamt nur 35 Spiele gewonnen und war schon 14 Jahre ohne Playoff-Teilnahme. Das änderte sich schlagartig ab der Saison 1952.
Goldene Zeiten für die Detroit Lions
Bobby Layne war mittlerweile der Quaterback und warf sein Team wieder in die Playoffs. Aber nicht nur das. Es ging bis ins NFL-Championship Game. Der Gegner waren die Cleveland Browns. Das ist aus vielerlei Sicht bemerkenswert. Noch bis vor ein paar Jahren waren die beiden Teams in der NFL freundlich gesagt „Kanonenfutter“. 1952 begannen sie aber eine gemeinsame Serie von 4 NFL-Endspielen gegeneinander innerhalb von 6 Jahren. Im ersten Anlauf holten die Lions den Titel. 1953 ebenfalls, bis 1954 die Browns den Titel-Hattrick verhinderten und sich den Sieg holten. Danach brachen die Lions kurz zusammen und schafften nur noch 3 Saison-Siege. 1957 kam der Neuanfang – jetzt mit Head Coach Legende George Wilson. Wieder hieß das Finale: Detroit gegen Cleveland – und dieses Mal gewannen die Lions deutlich mit 59:14!
Quarterback Bobby Lane verließ das Team 1958 in Richtung Pittsburgh Steelers. Er soll beim Abschied gesagt haben, dass die Detroit Lions die nächsten 50 Jahre keinen NFL-Titel mehr gewinnen werden. Ohne viel zu spoilern: Er sollte Recht behalten. Viel schlimmer noch: Zwischen dem NFL-Titel 1957 und 2022 (!) haben die Lions nur ein einziges Playoff-Spiel gewinnen können. In den 1960ern wollte man das Glück in der Defensive suchen. Das Motto „Defense wins Championships“ war damals schon bekannt. Cornerback Dick Lane – genannt „Night Train“ – wurde geholt und galt als „bester Trade im Sport überhaupt“. Er war auch beim „besten Spiel der Lions überhaupt“ dabei. Tatort: Tiger Stadium, Detroit. Tatzeit: Thanksgiving Day 1962.
Thanksgiving Day Massacre
Schon seit 1920 ließ die NFL Spiele am zweithöchsten Feiertag der USA austragen – an Thanksgiving. Die Detroit Lions haben dabei immer eine besondere Rolle gespielt. Owner Georg A. Richards wollte seinem Team auf diese Weise mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Seit 1945 spielen seine Lions immer an diesem vierten Donnerstag im November. So auch 1962, als die Übermannschaft aus Green Bay zu Gast war – mit Trainer Vince Lombardi. Die Lions waren aber überhaupt nicht beeindruckt und „schlachteten“ die Packers mit 26:14 ab – was deren einzige Saison-Niederlage war. Lions-Fans bekommen heute noch feuchte Augen, wenn sie an dieses Spiel denken.
Mit der Saison 1970 ging die neue und vergrößerte NFL an den Start. Die Lions spielten sich in einen 10:4 Rausch und erreichten auch mal wieder die Playoffs, wo man in der Divisional Round mit dem ungewöhnlichen Ergebnis von 0:5 gegen die Dallas Cowboys rausflog. Viele Experten hatten den Lions viel mehr zugetraut und sprachen sogar vom „besten Detroiter Team aller Zeiten“. Der tragische Tiefpunkt der folgenden Saison passierte am 24. Oktober 1971. Im Heimspiel gegen die Bears erlitt Wide Receiver Chuck Hughes auf dem Feld einen Herzinfarkt und starb. Er ist bis heute der einzige NFL-Spieler, der auf dem Feld starb – und bleibt hoffentlich auch der letzte! Nur 2 Jahre später passierte eine ähnliche Tragödie. Head Coach Don McCafferty war gerade dabei zu Hause den Rasen zu mähen, als er ebenfalls mit einem Herzinfarkt zusammenbrach und starb.
Ein neues Zuhause außerhalb der Stadt
Zur Saison 1975 zogen die Detroit Lions um – aus dem zugigen Tiger Stadium in den überdachten Silverdome in Pontiac, etwa 50km nördlich von Detroit. Nur knapp 25 Jahre wurde hier indoor Football gespielt, bis 2002 das hochmoderne Ford-Field bezogen wurde. Der Silverdome (wo Hulk Hogan Andre the Giant einen Bodyslam verpasste!) war sehr zäh. Als das Stadion gesprengt werden sollte, blieb es einfach stehen. Erst im zweiten Anlauf stürzten die Tribünen ein. Im Silverdome wurde auch während der Fußball-WM 1994 gespielt. Es waren damals die ersten Fußballspiele unter einem Dach.
Sportlich lief es weiter mittelmäßig für die Lions. 1979 wurden mal wieder nur 2 magere Siege eingefahren. Mit etwas Glück schaffte man 1982 die Playoffs. Aber auch nur, weil die Saison wegen eines Lockouts verkürzt wurde. So reichte dafür sogar eine 4:5 Bilanz. Es war überhaupt erst das zweite Mal, dass ein NFL-Team mit einer negativen Bilanz die Postseason erreichen konnte. Weit ging es allerdings nicht. Nach einer Niederlage gegen den späteren Champion Washington war die Saison schnell zu Ende. Im nächsten Jahr folgte ein desaströses Playoff-Spiel gegen die 49ers und so sind die 1980er auch schon fast erzählt. Mal abgesehen vom Draft 1989. Da konnten sich die Lions Running Back Barry Sanders sichern. Er sollte für einige schöne Momente sorgen. Große Erfolge gab es mit ihm aber auch nicht.
Barry Sanders – nicht zu fassen
Was Beweglichkeit angeht konnte niemand Barry Sanders etwas vormachen. Die 1.470 Yards in seiner ersten Saison waren der zweitbeste Wert der NFL – und das als Rookie. Um ihn herum spielten einige junge, talentierte Kerle, so dass den Detroit Lions einiges zugetraut wurde. Das führte dann auch zu einem kleinen Wunder in der Divisional Round der Playoffs 1991. Die Dallas Cowboys waren zu Gast, die gerade auf dem Weg zur Übermannschaft der 1990er waren. Aber nicht an diesem Tag. Die Lions gewannen mit 38:6 und holten so ihren ersten Playoff-Sieg seit 1957. Wie oben schon erwähnt war es auch der letzte bis weit ins neue Jahrtausend.
Schon in der nächsten Saison brach wieder alles in sich zusammen. Nur 5 Siege standen auf der Habenseite, aber ab 1993 ging es wieder bergauf – mit einer erstaunlichen Serie. Barry Sanders lief alles in Grund und Boden und trug seine Lions innerhalb von 5 Jahren 4 Mal in die Playoffs. Seit den 1950er Jahren lief es nicht mehr so gut. Erstaunlich war dann aber, dass mit zuverlässiger Regelmäßigkeit jedes Wild Card Round-Spiel verloren ging. 1998 trat Barry Sanders zurück und in der folgenden Saison passierte es wieder: Playoffs – ja. Wild Card Runden-Sieg – nein! Es folgten 11 Jahre Abstinenz von der Postseason, viele Experimente auf dem Head Coach Posten und dann war da noch das Jahr 2008.
Sprich niemanden auf 2008 an…
Es kann ja mal schlecht laufen, keine Frage. Aber 2008 lief es wirklich miserabel für die Lions. Alle 16 Saisonspiele wurden verloren – das hatte vorher noch niemand geschafft – teilweise natürlich auch, weil es noch keine 16 Saisonspiele gab. Immerhin wurde in jedem Spiel gepunktet, was die Bilanz aber auch nur wenig aufwertete. Erst am dritten Spieltag der Saison 2009 konnte die Serie gebrochen werden – eine Serie von 19 Pleiten am Stück. Im gesamten Jahr kam aber auch nur noch ein weiterer Sieg dazu, so dass das Jahr mit 2:14 zu Ende ging. Auch deshalb wurde kräftig investiert. Quarterback wurde Matthew Stafford. Zwischenzeitlich wurde er sogar zum bestbezahlten Spieler der gesamten NFL! Bier trinken kann er auch:
Stafford brachte immerhin etwas Leben ins Team. Zwischen 2011 und 2016 wechselten sich negative und knapp positive Saison-Bilanz fast im jährlichen Wechsel ab. 2014 wurden sogar 11 Spiele gewonnen, nur 1991 war man einen Sieg besser. Verantwortlich für diese noch relativ gute Zeit waren Tackle Ndamukong Suh oder auch die Wide Receiver Calvin Johnson und Golden Tate. 2015 kam es zum sogenannten „Miracle in Motown“, als die Green Bay Packers zu Gast im Ford Field waren. Die lagen noch zur Halbzeit mit 0:20 zurück. Dann machte Aaron Rodgers Aaron Rodgers-Dinge. Der Quarterback der Packers haute mit dem letzten Wurf des Spiels eine 61 Yards Hail Mary raus. Legendär – nur blöd für die Lions, die das Spiel so noch mit 23:27 verloren.
Die Detroit Lions heute
Ab der Saison 2018 hieß der Lions Head Coach Matt Patricia. Der bärtige Mann mit dem Bleistift hinter dem Ohr kam von den New England Partiots, wo er als Defensive Coordinator den ein oder anderen Erfolg feiern durfte. Mit Danny Amendola zum Beispiel. Der Wide Receiver war nach einem Zwischenhalt in Miami auch in Detroit gekommen. Auch Defensive End Trey Flowers hatte eine Vergangenheit mit den Patriots. Das Ergebnis? Nur negative Bilanzen, keine Playoffs und Matt Patricia durfte in der Corona-Saison 2020 auch wieder gehen. Dan Campell übernahm als Head Coach, Jared Goff kam als Quarterback aus Los Angeles, aber auch das brachte vorerst nichts zählbares hervor. Außer vielleicht: Amon-Ra St. Brown. Der Wide Receiver mit deutschen Wurzeln machte 2022 zu seiner Saison. 6 Touchdowns und eine Einladung zum Pro Bowl waren die Belohnung! In der Saison 2023 standen die Lions das erste Mal seit über 30 Jahren wieder im NFC Championship Game. Scheiterten aber und blieben eines von 4 Teams, das noch nie im Super Bowl stand.
Die erste Version dieses Artikels erschien am 10. September 2019. Dieses Update ist vom 30. Januar 2024.