Es war einmal ein Team mit dem Namen „Washington Redskins“. Das gibt es nicht mehr – jedenfalls nicht mit diesem Namen. Zur Saison 2020 wurde der Name entfernt. Die Mannschaft trat vorübergehend als „Washington Football Team“ auf. Kein sonderlicher innovativer Name. Aber es war nur eine Übergangslöse. Am 02.02.2020 wurde schließlich der Name enthüllt, mit dem alles besser werden sollte: Washington Commanders! Kaum ein Team der NFL musste also so viel Politik mit sich herumschleppen. Aber es gab auch große Zeiten mit 3 Super Bowls oder dem großen Vince Lombardi an der Seitenlinie. Auch bei der Wahl des US-Präsidenten spielte das Team immer eine besondere eine Rolle. Wie das alles zusammenhängt – in „Die Geschichte hinter den Teams“.
Die Geschichte der Washington Commanders beginnt 1932 in Boston. Unter der Leitung von George Preston Marshall wurde ein Team für die NFL neu geformt, um die damaligen Cleveland Indians zu ersetzen. Gespielt wurde im selben Stadion wie die Boston Braves aus der Major League Baseball. Schon damals wenig innovativ gaben sich die Footballer auch den Namen „Boston Braves“ und starteten so in die NFL Saison 1932. Nach einer durchwachsenen Saison zogen die Braves in ein anderes Stadion um – in den berühmten Fenway Park der Boston Red Sox. Marshall wollte seinem Team auch einen neuen Namen geben, um sich dann doch etwas vom Baseball abzuheben.
Wie die Redskins enstanden
Es gibt mehrere Geschichten, wieso aus den Boston Braves damals die Boston Redskins wurden. Da geistert die Version umher, dass damit Trainer Lud Wray und seine indigenen Wurzeln geehrt werden sollten. George Marshall selbst erklärte es aber später anders. Demnach wollte er nur etwas finden, was ähnlich war wie bisher und sich trotzdem von der Baseballmannschaft abhob. So spielten also die Boston Redskins für 4 Jahre in der NFL mit eher mäßigem Erfolg – bis 1936. In dem Jahr fand auch der erste NFL-Draft statt. Die Redskins hatten dabei den zweiten Overall-Pick. Das war Quarterback Riley Smith. Weil der Nummer 1 Pick niemals in der NFL gespielt hat, hatten die Redskins quasi den ersten gedrafteten Spieler im Team.
Auch ein neuer Head Coach brachte Schwung ins Team – Ray Flaherty. Schon im fünften Jahr nach ihrer Gründung spielten sich die damaligen Redskins ins NFL-Finale, das dann aber mit 6:21 gegen die Green Bay Packers klar verloren ging. Zur neuen Saison zog die Mannschaft wieder um – in die Heimat von Gründer George Marshall – in die Hauptstadt der USA. Ab da existierten die „Washington Redskins“, auch wenn der Bezug zum Namen schon hier völlig verloren ging. Sportlich lief es weiter glänzend. Wieder wurde das NFL-Finale erreicht. Mit den Chicago Bears wartete wieder eine Traditionsmannschaft. Dieses Mal blieben die Redskins der Sieger und holten gleich im ersten Jahr in Washington ihren ersten Titel.
Wir schreiben noch immer das Jahr 1937 aber schon damals wurde an Marketing und Event-Charakter beim Football gedacht. So trat in Washington bei den Heimspielen eine Marching-Band auf, was bis dahin eher beim College Football typisch war. Auch eine Vereinshymne wurde getextet: „Hail to the Redskins“. Sie erklärt auch den Hashtag, der bei Social Media genutzt wird: #HTTR. Mit dem ersten Titel in der Tasche spielte das Team eigentlich immer oben mit. 1939 wurde auch ein Rekord für die Ewigkeit aufgestellt. Einer, der nicht gebrochen werden kann.
Ein 99 Yards Touchdown
Am 15. Oktober 1939 warf Quarterback Frank Filchock für 99 Yards auf Andy Farkas. Der „Ambos“, wie er genannt wurde, war der erste Spieler, der über diese Distanz punkten konnte. Dieser Rekord kann natürlich nicht gebrochen werden, es sei denn irgendwann wird das Spielfeld vergrößert. Der Rekord kann also nur eingestellt werden. Im folgenden Jahr standen die Washington Redskins wieder im Finale – wieder ging es gegen die Bears. Die wollten natürlich Revanche für 1937 und schafften es auch sehr beeindruckend. Sie zerpflückten die Redskins mit 73:0. Zu erwähnen ist aus dieser Saison noch die Verletzung von Tackle Turk Edwards. Er wollte nach dem Coin-Toss an die Seitenlinie laufen, riss sich dabei aber das Kreuzband und spielte nie wieder Football. Dafür ist er heute immerhin in der Hall of Fame.
Die 1940er waren die ganz große Zeit der Washinton Redskins. Eigentlich sogar die Zeit der Duelle mit den Chicago Bears. Denn auch 1942 und 1943 war diese Begegnung das NFL-Finale. Im ersten Anlauf ging der Titel mal wieder nach Chicago, während 1943 wieder die Redskins feiern durften. 1945 stand Washington dann zum sechsten Mal innerhalb von 10 Jahren im Endspiel. Dieses Mal waren die Rams der Gegner – und auch der Sieger. Es passte damals in die Zeit, dass das Team aus der Hauptstadt vorneweg marschierte. Immerhin waren die USA im Zweiten Weltkrieg und mussten auch den Angriff auf Pearl Harbour über sich ergehen lassen. Aber wenn die Football-Geschichte eines lehrt, dann: Nach einer Erfolgsserie kommt oft der Absturz.
Ein viertel Jahrhundert Langeweile bei den Redskins
Der sportliche Absturz der Washington Redskins sucht schon seinesgleichen. Exakt 25 Spielzeiten am Stück wurden die Playoffs verpasst und das mit ganz abenteuerlichen Bilanzen. Mal gab es nur einen Saisonsieg und 12 Pleiten. Dann schaffte man sogar mal 2 Unentschieden in einer Saison. Auch eine 8:4 Bilanz reichte nicht für mehr. In der Zwischenzeit wurden einige Trainer verheizt, es wurden Spieler gedraftet, die man heute schon lange vergessen hat. Aber in Sachen Innovationen war man in Washington weiter vorne dabei. Die Spiele wurden schon länger auch im Umland live im Radio übertragen. 1950 waren die Redskins das erste Team, das die gesamte Saison live im Fernsehen gezeigt wurde. Dann kamen die 1960er, die USA waren im Umbruch. Nur die Redskins blieben altmodisch.
Besitzer George Preston Marshall hatte viel richtig gemacht mit seinem Team – damals known as Washington Redskins. Eines wollte er aber nicht: Farbige Spieler! Diese Einstellung passte aber so gar nicht in die Zeit und schon gar nicht, weil der Präsident damals John F. Kennedy hieß. Und dann spielten die Redskins quasi auch noch direkt neben dem Weißen Haus. Das 1961 frisch bezogene Stadion war nur 3 km von Kennedys Büro entfernt. Der US-Kongress drohte Marshall schließlich sogar Strafen an, sollte er an der „Rassentrennung“ festhalten. Er gab schließlich nach und zur neuen Saison wurde Ernie Davis gedraftet. Der Running Back war der erste Schwarze, der am College die Heisman Trophy gewonnen hatte. NFL-Football hat er nie gespielt. Er starb im Sommer 1962 an Leukämie.
Vince Lombardi in Washington
1969 kam es zu einem großen Umbruch bei den Redskins. Besitzer George Marshall starb, die Führungsstruktur musste neu sortiert werden und dann kam sogar der große Vince Lombardi ins Spiel. Nach seinen Erfolgen als Coach in Green Bay war er dort „nur“ noch General Manager, was ihm nicht so wirklich gefiel. In Washington sollte er wieder trainieren und eine Rolle in der Chefetage spielen. Die Saison lief auch ganz beachtlich – mit der ersten positiven Bilanz seit 14 Jahren. Lombardi starb allerdings im folgenden Sommer an Krebs und so kam George Allen ans Ruder. Er läutete die nächste neue Ära bei den Washington Redskins ein.
Mit der sogenannten „Over-the-Hill-Gang“ gingen die Redskins in die Saison 1971. Die Mischung aus Veteranen und jungen Talenten machte das Team schwer berechenbar und das zahlte sich aus. George Allen gab das Motto aus: „The future is now“ – und so wurden erstmals seit 1946 wieder die Playoffs erreicht. Auch wenn die dann schnell wieder zu Ende waren, es wehte ein neuer Wind durch die Hauptstadt. Vielleicht war es auch „Rückenwind“, denn schon 1972 lief es so gut wie lange nicht. Es gab nicht nur 2 Playoff-Siege, es wurde sogar der Super Bowl erreicht. Da musste man sich dann aber den Miami Dolphins geschlagen geben. Aber auch hier hat die Geschichte eine Randnotiz: Es war das Jahr, in dem die Dolphins die bisher einzige perfekte Saison hingelegt haben. Die Redskins waren dabei.
Aufwärmen für große Taten
Die restlichen Spielzeiten der 1970er waren dann wieder weniger erfolgreich. Erst als 1981 mal wieder ein neuer Head Coach verpflichtet wurde, änderte sich etwas. Joe Gibbs sollte in seiner Amtszeit bis in die 1990er hinein die erfolgreichste NFL-Phase der Washington Redskins anführen. Schon in seinem zweiten Jahr lief es nach Maß. Auf dem Platz spielten Quarterback Joe Theismann, Running Back John Riggins und Wide Receiver Art Monk alles in Grund und Boden. Der Lohn: Der Einzug ins NFC Championship Game gegen die Dallas Cowboys und schließlich auch der Sieg im Super Bowl XVII – wieder gegen die Dolphins. Die nächste Revanche also.
Auch 1983 spielten die Washington Redskins ganz oben mit. Mit 14 Siegen war es sogar die damals beste Saison der Vereinsgeschichte. Am Ende hatten die Raiders etwas dagegen, dass noch ein Super Bowl-Titel in die Hauptstadt ging. Es folgte ein kurzer Durchhänger über 2 Jahre, bis man wieder 2 Jahre am Stück um den Titel mitspielte. 1986 stand das Team dicht am nächsten Super Bowl, verlor aber das NFC-Finale zu Null gegen die New York Giants. In der folgenden Saison wurde das Endspiel erreicht. Die Denver Broncos um John Elway hatten beim 42:10 keine Chance. Knapp 25 Jahren zuvor gab es in Washington noch Ärger um farbige Spieler. Doug Williams wurde an diesem Abend dann der erste afro-amerikanische Quarterback, der einen Super Bowl gewinnen konnte.
Der Höhenflug der Redskins
Auch wenn das Niveau nicht immer ganz oben war, die Redskins spielten auch zu Beginn der 1990er noch eine bedeutende Rolle. Wide Receiver Gary Clark und der immer noch aktive Art Monk sorgten 1991 fast im Alleingang dafür, dass im Super Bowl XXVI die Buffalo Bills keine Chance hatten. Die Redskins gewannen ihren 5. NFL-Titel, die Bills waren gerade mitten drin in ihrer „4 Super Bowl-Pleiten am Stück“-Serie. In der folgenden Saison gab Joe Gibbs seinen Trainerposten (vorläufig) auf, um ein NASCAR Team zu gründen. Anfang der 2000er kam er für 4 Spielzeiten zurück. Es folgte also wieder ein Umbruch.
Es folgte eines dieser berühmten Löcher, in die die meisten NFL-Teams schon mal gefallen sind. Von 1992 bis weit ins neue Jahrtausend hinein wurden nur noch 3 (!) Playoff-Spiele gewonnen. In so einer Phase rücken dann gerne die nicht so sportlichen Dinge in den Mittelpunkt. Da wären Schlägereien von Spielern, die von TV-Kameras aufgezeichnet werden. Oder der Einzug in ein neues Stadion – heute das FedExField – das vor einem Umbau lange das zweitgrößte der NFL war. 1999 wurden die Washington Redskins schließlich verkauft – an Daniel Snyder, der mit seinem Telekommunikations-Unternehmen reich geworden war. So konnte er auch 800 Millionen Dollar auf den Tisch legen. Damals der teuerste Deal der Sportwelt.
Tragischer Tiefpunkt für die Redskins
Die sportliche Findungsphase der Redskins hatte auch zur Folge, dass einige Trainer „ausprobiert“ wurden. Darunter durchaus bekannte Namen wie Norv Turner, der mit Dallas 2 Super Bowls gewonnen hatte. Marty Schottenheimer, der über 20 Jahre in der NFL trainiert hat. Joe Gibbs kam auch mal wieder zum Zug. Aber richtig lange hielt es keiner von ihnen aus. 2007 kam es zu einer Tragödie. Free Safety Sean Taylor wurde mitten in der Saison in seinem Haus in Miami von Einbrechern erschossen. Seine Rückennummer 21 ist bis heute eine besondere in Washington. Taylors Spind wurde sogar in Plexiglas eingehüllt, um ihn so zu erhalten, wie der Spieler ihn zuletzt benutzt hatte. Zur Beerdigung kamen 4.000 Gäste!
Zur Saison 2012 kam ein Quarterback nach Washington, der das Team als Franchise-Player endlich wieder nach vorne bringen sollte. RGIII – oder auch Robert Griffin III. Zu Beginn erfüllte er die Hoffnungen noch. Aber das ließ schnell wieder nach. Er gehörte auch zum Team, als die sogenannte Redskin-Rule gebrochen wurde. Das ist eine Art Aberglaube rund um das letzte Heimspiel der Washington Redskins – oder heute eben Washington Commanders – vor einer US-Präsidentenwahl. Wenn es gewonnen wird, bleibt der amtierende Präsident im Amt bzw. gewinnt sein Parteikollege. So der Aberglaube. 2012 wurde das Spiel verloren, was eigentlich hätte heißen müssen, dass Barack Obama nicht wiedergewählt wird. Wurde er aber bekanntlich doch.
Jay Gruden und die Zukunft
In der Saison 2014 wurde Jay Gruden Head Coach in Washington. Mit ihm kam zwar noch immer nicht der erhoffte Aufschwung, aber immerhin eine gewisse Stabilität. 2016 überzeugte Quarterback Kirk Cousins mit Teamrekorden für Versuche, Completions und Passing Yards. Auch 2017 legte er noch einmal nach. Aber bekanntlich sprang nichts zählbares für sein Team heraus. In der Corona-Saison 2020 wurde dann vieles anders: Auf Druck der Öffentlichkeit wurde der Name Redskins zu den Akten gelegt. Als Washington Football Team klappte es dann sogar mit den Playoffs. Da flog das WFT in der Wild Card Runde gegen den späteren Champion Tampa Bay. In der Saison gab auch kurz Alex Smith sein Comeback – nach rund 2 Jahren Pause. Nach der Saison ging Smith dann allerdings in die Football-Rente. In der Spielzeit 2021 wurde es mal wieder nichts mit den Playoffs. Dafür bekam das Team aus der Hauptstadt einen neuen Namen. Wenige Tage nach dem Ende der Regular Season wurden die Washington Commanders offiziell ins Leben gerufen.
Die Washington Commanders heute
Von 2020 bis zur Saison 2023 hieß der Head Coach Ron Rivera. Positive Bilanzen hat er aber nicht geschafft. Auch mit Offensive Coordinator Eric Bieniemy an seiner Seite blieb es so. Auf der Quarterback-Position wurde viel experimentiert. Die größten Schlagzeilen machte im Sommer 2023 ein Eigentümerwechsel. Ein Konsortium um den Investor Josh Harris und Basketball-Legende Magic Johnson machte 6 Milliarden Dollar locker. Das war die höchste Summe, die jemals für ein NFL-Team bezahlt wurde.
Die erste Version dieses Artikels erschien am 17. September 2019. Dieses Update ist vom 15. Februar 2024.
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